Geboren 1951 in Bern/Schweiz. Der Autor ging in Bern zur Schule, absolvierte das Gymnasium und studierte Deutsch, Französisch und Kunstgeschichte an der Universität in Bern. Zusammen mit dem Künstler Claude Sandoz veröffentlichte er in den 70er- und 80er-Jahren die Publikation für zeitgenössische Literatur "Der Blaue Berg" und veranstaltete zusammen mit Bernhard Streit die multimedialen "Poesie-Tage" in Bern. Biancone, der Theaterstücke, Erzählungen und Romane schreibt und publiziert, veröffentlichte auch drei Gedichtbände: "Bewegende Ruhe", "Spiel der Masken" und "Tanz der Gefühle". Er ist Mitglied verschiedener Autorenvereinigungen, Gründungsmitglied des International Playwrights´ Forums sowie Ausschussmitglied des Internationalen Theater-Instituts/UNESCO - u.a. als Jurymitglied internationaler Festivals tätig.

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UNTERWEGS, IM MOMENT

Wo stehe ich?
Wo gehe ich hin?

Ich bin unterwegs im Moment,
bin bewegt, gerührt,
werde mitgenommen
von dem einnehmenden Lachen eines Mädchens,

bin ergriffen,
vom verführerischen Lied,
vom zauberhaften Reiz,
vom anmutigen Tanz einer unerreichbaren Frau.

Wo stehe ich? Wo bewege ich mich hin?

Ich bin unterwegs im Moment,
bin aufgewühlt, verwirrt
durch die verstohlenen Blicke jener jungen Frau,

bin wie verhext,
vom mitreißenden Rhythmus,
vom rauschenden Kleid,
vom zugeworfenen Kuss
aus einer mir nicht zugänglichen Welt.

So stehe ich.
Und gehe vielleicht irgendwo,
vielleicht nirgendwo hin.


KRIEG

Wenn Worte nicht mehr
verändern,
und eiserne Stille
zwischen zwei Welten herrscht,
und Männer und Frauen
wirre Sachen über andere sagen,
und Tore und Türen
verschlossen werden,
und Meinungen und Lügen
über den Tatsachen stehen,
und Angst und Wut
uns packen
und verblenden,
und wir vergessen,
an einen Frieden zu glauben
und dafür etwas zu tun.

Dann ist Krieg.
Wir werden in die ärgste
aller Masken gesteckt.
Sind selbst Opfer.
Sind umgeben von Opfern.
Opfern uns.
Opfern andere.

Zurückbleibt:
Ein toter Mann
auf einem zerstörten Feld.
Eine einsame Frau.
Ein unsicheres Kind.
Ein kranker Herrscher.
Krieg.
Krieg für wen?


WACHSEN

Aus dem Nichts
entwachsen,
ins Nichts
strebend,

und doch voller Leben,
voller Licht und Zuversicht,
heller als jede Sonne
durchdringender
als jeder Mond,

ich,
in dieser einen
möglichen Welt.

Aus dem Nichts
entstanden,
übers Nichts
hinaus wachsend,

und doch treibend,
befreiend,
Leben
erschaffend,

ich,
in dieser einen,
der meinen,
möglichen Welt.


ANSICHT

Siehst du die Wolken,
die Nebel, die Blitze,
die ich sehe?

Siehst du die Pässe,
die Schluchten, die Wälder,
die ich begehe?

So wie ich die Welt
sehe,
ist die Welt für mich,
so bin ich.

Ist sie dumpf,
so bin ich nicht heiter.
Ist sie verwirrend,
so gehe ich nicht weiter.

Siehst du die Wolken?
Siehst du die Wälder?

Und weiter?


BESCHEIDEN

Ein kleines Zimmer
reicht mir heute,
etwas Gastfreundschaft,
etwas Wärme,
ein paar Löffel Suppe,
ein Bissen Brot,
eine Tasse Tee.

Einige angenehme Worte
reichen mir heute,
ein versöhnender Blick,
ein verstohlenes Lächeln,
ein schelmischer Ausdruck
in deinem Gesicht,
ein Nicken,
ein erleichtertes Seufzen.

Eine leichte Berührung
Reicht mir heute,
mit deiner warmen Hand,
mit deiner frischen Wange,
mit deinem mir vertrauten Körper,
in einer langen Umarmung.

Etwas Nähe,
etwas Wärme,
etwas Verständnis,
etwas stummes Übereinstimmen
auf meiner großen,
unendlichen Reise.

Nur jetzt.
Nur für einen Augenblick.
Nur hier.
Nur du.